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Was ist Flipped Classroom? (Und ist das was für meinen Unterricht?)

Die Methode Flipped Classroom eignet sich hervorragend, um selbständiges Lernen zu fördern. In Deutschland trauen sich jedoch noch nicht viele Lehrkräfte an das Unterrichten im „umgedrehten Klassenzimmer“ heran. Welche Gründe hat das? Und unter welchen Voraussetzungen lässt sich die Methode für Lehrkräfte und Schüler*innen gewinnbringend umsetzen? Antworten und eine Checkliste für Ihren Unterricht finden Sie im Artikel.

Was ist was? Formen des digitalen Lernens

Hybridunterricht

Hybridunterricht wird inzwischen in der Regel definiert als eine Trennung von Präsenz- und Distanzunterricht. Das heißt in der Praxis zum Beispiel: Eine Lerngruppe befindet sich im analogen Unterricht im Klassenraum, eine andere arbeitet zeitgleich daheim. Im Idealfall sind beide Gruppen miteinander im Kontakt – sei es über eine direkte Zuschaltung per Videokonferenztool oder ein interaktives Whiteboard wie das ViewBoard, dessen Software myViewBoard verschiedenste Kommunikations- und Kollaborationstools bietet.

Im Zuge der Pandemie ist es immer gängiger geworden, auch einzelne Schüler und Schülerinnen, die während einer Quarantäne nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, durch digitale Tools am Unterricht teilhaben zu lassen.

Flipped Classroom_Homeschooling

Beim Hybridunterricht handelt es sich also um zeitgleiches, synchrones Lernen. Vorteile: Die Teilnahme am Unterricht ist auch aus der Ferne möglich, das Lernen kann theoretisch in kleineren Gruppen stattfinden. Nachteile: Der Moderationsaufwand für die Lehrkraft kann hoch sein, wenn Schüler*innen zugeschaltet werden. Laufen zwei Lerngruppen parallel, kann es schwierig sein, die Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler im Blick zu behalten. Denn der Unterricht findet quasi doppelt statt und kann je nach Gruppenkonstellation im Lerntempo variieren.

Eine praktikable Lösung wäre zum Beispiel, die Schüler*innen in der digitalen Lerngruppe nach dem „Fish-Bowl“-Prinzip mit anderen Aufgaben zu beauftragen als die im Klassenraum anwesenden. Das kann die Recherche im Internet sein, Fragen stellen oder Beobachten, Protokollieren und Feedback geben. Stehen Endgeräte und eine Lernplattform für alle Schüler*innen zur Verfügung, wird auch die Arbeit in Kleingruppen oder im Tandem unabhängig vom Ort oder Raum möglich.

Für noch mehr Infos über den Hybridunterricht, lesen Sie gerne unseren Blogeintrag dazu.

Blended Learning

Unter dem Begriff „Blended Learning“ besteht das Konzept des hybriden Lernens bereits seit langem. Es hat seine Wurzeln in den 1980er Jahren, als sich E-Learning in der Erwachsenenbildung etablierte. Der Fokus beim Blended Learning liegt allerdings nicht auf dem Ort, an dem Lernen stattfindet, sondern auf dem Zusammenspiel von analogen Lern- und Lehrformen und digital gestützten Formaten. Angepasst an die Altersstufe und Medienkompetenz der Lernenden, lassen sich hier zahlreiche Unterrichtsszenarien denken. Zugrunde liegt das Prinzip, dass sich Präsenzlernphasen und digital gestützte Selbstlernphasen abwechseln oder auch ineinander übergehen.

Flipped Classroom_Blended Learning

Flipped Classroom

Ein Modell des Blended Learning legt besonders großen Wert auf asynchrones Lernen: Im sogenannten „Flipped Classroom“ bereiten sich die Lernenden zuhause im eigenen Tempo auf den Präsenzunterricht vor. Ist in der Schule, beispielsweise im Rahmen einer Doppelstunde oder im Ganztagsbetrieb, genügend Zeit und sind räumliche und technische Voraussetzungen erfüllt, kann das eigenständige Lernen auch dort stattfinden.

Für diese erste Phase nutzen die Schüler*innen digitale Tools wie etwa Lernvideos der Lehrkraft, Lern-Apps, Internetrecherche oder auch auf Lernplattformen oder einer gemeinsam genutzten Cloud eingestellte Materialien. Natürlich können auch analoge Mittel wie Zeitungsartikel, Bücher oder ähnliches zum Einsatz kommen. Als Lehrkraft können Sie gemeinsam mit den Schüler*innen vorab überlegen, welche Medien sich zur Vorbereitung auf ein bestimmtes Thema sinnvoll und einfach nutzen lassen.

In der zweiten Phase finden Vertiefung und Feedback statt. Der Präsenzunterricht (das kann auch der Unterricht per Videokonferenz-Unterricht oder die Online-Sprechstunde sein) ist dann dazu da, Fragen zu klären, individuelle Hilfestellung zu geben und das Erlernte einzuüben. Daraus entstehen neue Arbeitsaufträge für die nächste Selbstlernphase. So greifen digitale und analoge, synchrone und asynchrone Lernformate ineinander.

 

Vorteile von Flipped Classroom

Wer zum ersten Mal mit dem Flipped Classroom arbeiten möchte, sollte sich das Potenzial der Methode vor Augen führen – auch wenn es einmal nicht wie gewünscht klappt. Das Gute: Das umgedrehte Klassenzimmer lässt sich individuell anpassen und eignet sich auch für den Methodenwechsel zwischendurch. Man muss also nicht gleich das ganze Unterrichtskonzept umwerfen. Zu den Vorteilen zählen:

1. Weniger Zeitaufwand für die Einführung

Sie verwenden als Lehrkraft weniger Zeit darauf, Ihre Schüler*innen in ein Thema einzuführen. Das Zusammenstellen des Materials für die Selbstlernphase oder das Erstellen von Erklärvideos kann zunächst aufwändiger sein, lohnt sich aber langfristig. Einmal gut strukturiert gespeichert, lässt es sich immer wieder verwenden. Wer im Team mit Kolleg*innen arbeitet, kann einen gemeinsamen Materialspeicher anlegen und so viel Zeit sparen.

2. Verpasstes einfach nachzuholen

Da Schülerinnen und Schüler sich ihr Material an einem digitalen Speicherort abholen, können sie zumindest das verpasste Basiswissen in ihrem eigenen Tempo jederzeit aufholen und sind nicht mehr auf Informationen ihrer ihre Mitschüler*innen angewiesen.

3. Mehr Zeit für individuelles Feedback und Vertiefung

Flipped Classroom ist eine Möglichkeit, die wertvolle Unterrichtszeit für echte Interaktion zu nutzen. Als Lehrkraft müssen Sie keinen Vortrag halten, sondern können direkt an die Vertiefung gehen oder Ihren Schüler*innen individuelle Tipps und ihrem Leistungsstand angemessene, weiterführende Aufgaben geben. Auch für Diskussionen und Experimente bleibt mehr Zeit als üblich. Das führt dazu, dass der Unterricht aktiver und vielleicht auch attraktiver für die Schüler*innen wird.

Flipped Classroom_Individuelles Feedback

4. Selbständiges Lernen fördern

Sich Wissen eigenständig anzueignen und digitale Tools für die Recherche, die Strukturierung von Informationen oder die Präsentation von Arbeitsergebnissen zu nutzen, sind im Berufsleben gefragte Kompetenzen. Im „umgedrehten Klassenzimmer“ werden die Schüler*innen an diese Arbeitstechniken herangeführt. Sie erhalten Informationen, recherchieren, bearbeiten Aufgaben und verarbeiten ihre Ergebnisse – alles im eigenen Tempo und ohne allein gelassen zu werden. Denn der Lehrer oder die Lehrerin sollte für Rückfragen über Chat, E-Mail, Video-Call oder Telefon ansprechbar sein. Alternativ richten einige Lehrkräfte dazu eine feste Online-Sprechstunde ein.

Je nach Vorerfahrungen kann es sein, dass einige Schüler*innen zunächst Probleme mit dem eigenständigen Lernen haben. Dann ist Geduld gefragt. Wer seinen Schüler*innen noch nicht zutraut, über einen längeren Zeitraum selbständig zu lernen, kann Methoden wie den Flipped Classroom zum Beispiel während einer Projektwoche ausprobieren.

5. Alles kann – nichts muss

Ihrer Kreativität sind im Flipped Classroom keine Grenzen gesetzt. Andererseits lassen sich aber auch viele Synergien schaffen. Sie müssen zum Beispiel bei der Erstellung von Material für die Selbstlernphase nicht immer das Rad neu erfinden. Auf Youtube finden sich beispielsweise zahlreiche Erklärvideos zu unterschiedlichsten Themen, die Kollegen und Kolleginnen dort hochgeladen haben. Auf Lehrerportalen oder im Twitterlehrerzimmer (#twlz) finden sich ebenfalls Tipps und geeignete Materialien.

Je nach Altersklasse Ihrer Schüler*innen können auch Variationen des Flipped Classroom frischen Wind und neue Lernerfahrungen in die Lerngruppe bringen. So zum Beispiel die Idee des „Flipped Teacher“: Dabei werden die Schüler*innen zu Tutoren. Sie erstellen Lernmaterialien wie Videos selbst und wiederholen und demonstrieren so ihr Wissen, während sie zugleich den praktischen Umgang mit digitalen Medien sowie das Erklären und Präsentieren trainieren.

Technische Voraussetzungen

Welches digitale Konzept möglich und richtig ist, hängt neben den technischen Voraussetzungen auch vom Alter der Lernenden, dem Unterrichtsfach und den (Medien-)Kompetenzen aller Beteiligten ab. Wichtig auch: Soll die Selbstlernphase im Nachmittagsbereich stattfanden,

 

MUSS:

  • Lernplattform: Eine DSGVO-konforme Lernplattform mit Kommunikationskanälen wie Chat, Videokonferenz-Tool, Whiteboard für kollaboratives Arbeiten und Speichermöglichkeit ist die Minimalvoraussetzung für die Arbeit mit der Flipped Classroom Methode. Schließlich müssen Dokumente ausgetauscht, abgelegt und bearbeitet werden können. Für Rückfragen sollten die Schüler*innen außerdem die Möglichkeit haben, ihre Lehrperson oder Mitschüler*innen unkompliziert zu erreichen. Gängige Apps wie WhatsApp eignen sich aus Datenschutzgründen hierfür nicht.

Eine einfache Lösung bietet zum Beispiel die Whiteboard-Software myViewBoard. Sie kann die unabhängig vom ViewBoard, der digitalen Tafel von ViewSonic, und ohne besondere Vorkenntnisse als sicheres „digitales Klassenzimmer“ genutzt werden.

  • Endgeräte und Internetanschluss daheim: Nicht nur die Lehrkräfte, auch die Schüler und Schülerinnen müssen technisch gut genug ausgestattet sein, um wirklich vom Flipped Classroom Modell profitieren zu können. Da die Schüler*innen zuhause unter Umständen andere Geräte zur Verfügung haben als in der Schule, muss die Lernplattform unabhängig von Gerätehersteller und Betriebssystem nutzbar sein.

KANN:

  • Endgeräte und Internetanschluss/WLAN in der Schule: Idealerweise verfügt die Schule über ausreichend Endgeräte für jede*n Schüler*in. Bringen die Schüler ihre eigenen Laptops, Tablets oder Smartphones in den Unterricht, sollte sichergestellt sein, dass sie sich mit ihren Geräten per WLAN in das Schulnetz einloggen beziehungsweise an der Lernplattform anmelden können. So lassen sich die Ergebnisse der Selbstlernphase oder Fragen dazu ohne Umweg über einen Ausdruck komfortabel kontrollieren und klären.
  • Digitale Tafel: Ein interaktives Whiteboard wie das ViewBoard ist kein Muss für Flipped Classroom, macht es aber deutlich einfacher, Lösungen gemeinsam zu besprechen und zu veranschaulichen oder Arbeitsergebnisse zu präsentieren. Wie oben beschrieben ist die Software für das digitale Klassenzimmer myViewBoard auf die digitale Tafel von ViewSonic abgestimmt. Aber auch jede andere gängige Anwendung wie Microsofts Teams oder Powerpoint lässt sich per Mausklick auf die Tafel bringen.
  • Quiz-App zur Überprüfung: Zur Verständnisüberprüfung während der Selbstlernphase eignen sich digitale Umfrage-Tools. Einige Lehrkräfte betten Quizfragen mithilfe spezieller Software wie HP5 in ihre Erklärvideos ein. Hier lässt sich die Methode der Lernspirale für das eigenverantwortliche Lernen nach Heinz Klippert gut kombinieren. Beispielsweise lässt es sich einrichten, dass das Video wieder an eine bestimmte Stelle zurückspringt, wenn eine Frage falsch beantwortet wurde oder ein Link zu einer anderen Form der Erklärung angezeigt wird.

Checkliste „Flipped Classroom“

  • Ist die technische Ausstattung für mein Vorhaben geeignet?
  • Falls nicht alle Schüler*innen zuhause das Internet nutzen können: Gibt es die zeitliche, räumliche und technische Möglichkeit Flipped Classroom während der regulären Unterrichtszeit einzusetzen?
  • Welche Lernziele sollen mit der Methode erreicht werden? Eignet sich eine andere Methode vielleicht besser?
  • Sollen die Schüler*innen allein oder in Partner-/Gruppenarbeit lernen? Welche Kanäle sollen sie dazu nutzen?
  • Auf welche Quellen, vorhandenen Materialien etc. kann ich zurückgreifen, welche muss ich selbst erstellen?
  • Habe ich den Schüler*innen (ggf. auch den Eltern) klar kommuniziert, wie die Methode funktioniert und welche Erwartungen ich an sie habe?
  • Haben die Schüler*innen bereits eine gewisse Medienkompetenz? Wissen sie beispielsweise bereits, wie sie sich sicher im Internet bewegen, die Lernplattform und ihre Endgeräte benutzen?
  • Habe ich die nötigen Lernressourcen vorbereitet und zur Verfügung gestellt?
  • Wie können die Schüler*innen ihre Lernfortschritte selbständig kontrollieren? (Quiz, Tests…?)
  • Habe ich Kanäle und/oder Zeitfenster für Rückfragen, Unterstützung oder Feedback kommuniziert? (Chat, E-Mail, Online-Sprechstunde…)
  • Sollen die Fragen von Schüler*innen für alle sichtbar gesammelt werden? (z.B. über eine virtuelle Pinnwand)
  • Habe ich einen angemessenen Zeitrahmen für die Vorbereitung gewählt? (Zu prüfen wäre auch, ob die Schüler*innen auch in anderen Kursen oder Fächern nach der gleichen Methode arbeiten sollen, so dass sich die Zeit am digitalen Gerät am Nachmittag nicht zu sehr ausdehnt.)
  • Habe ich geklärt, wie ich die Leistung der Schüler*innen überprüfen werde?
  • Habe ich daran gedacht, die Schüler*innen nach einem Feedback zu fragen?

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