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Das ist guter digital gestützter Unterricht

Das ist guter digital gestützter Unterricht

Erst beim zweiten flächendeckenden Distanz-Unterricht während der Corona-Pandemie standen der Mehrheit der Schulen digitale Medien in Form von Video-Tools oder Lernplattformen zur Verfügung. Die Erfahrungen mit der zum Teil aus der Not heraus überstürzt angeschafften Hard- und Software waren jedoch sehr unterschiedlich – je nachdem wie gut die Schulen bereits vor der Pandemie technisch ausgestattet waren und welche Vorkenntnisse die Lehrkräfte bereits besaßen.

Von gutem digital gestütztem Unterricht konnte folglich nicht immer die Rede sein. Denn den Frontalunterricht statt in Präsenz als Videokonferenz durchzuführen oder Arbeitsblätter nun als pdf-Dokument anzubieten, habe damit nichts zu tun, kritisieren unter anderem Bildungsforscher. Ebenso wenig wie ein einfaches Mehr an digitalen Medien automatisch zu besserem Unterricht und zu Schülern führe, die mit leuchtenden Augen bei der Sache sind. „Bisweilen ist es vielmehr so, dass das einzige was leuchtet die Endgeräte der Schüler sind“, so Gerold Brägger, Erziehungswissenschaftler, und Frido Koch, Schulleiter und Berater für digitale Unterrichtsentwicklung, in ihrem Fachbeitrag „Potenziale von Lern- und Arbeitsplattformen für die Unterrichtsentwicklung“ im Handbuch Lernen mit digitalen Medien (Brägger/Rolff, Beltz 2021).  Bleiben die Fragen: Was macht guten digital gestützten Unterricht aus und wie kann er gelingen?

Was sind die Merkmale eines guten digitalen Unterrichts?

Digitale Medien bieten viele Vorteile – da sind sich alle einig. Zugleich birgt ihr Einsatz im Unterricht aber auch gewisse Gefahren. Kann man dementsprechend von gutem digital gestütztem Unterricht reden, wenn die Potentiale genutzt und die Stolperfallen umgangen werden? Nein, meinen der Bildungstheoretiker Hilbert Meyer und die Fachseminarleiterin Carola Junghans in ihrem Beitrag „Zwölf Prüfsteine für die Arbeit mit digitalen Medien“  (Seminar des bak-lehrerbildung, 2019). Um einen guten digitalen Unterricht durchführen zu können, müssen nach ihrer Ansicht zunächst gewisse Gelingensbedingungen – zum Beispiel bei der Ausstattung – erfüllt sein. Darüber hinaus brauche auch digitaler Unterricht eine klare Struktur, einen roten Faden und ein klares Ziel für die Stunde. Die Schülerinnen und Schüler müssen wissen, worum es in der Stunde gehen soll. Des Weiteren sollen digitale Medien nicht ablenken, sondern ein tieferes Verstehen der Schüler fördern. Und nicht zuletzt könne nur dann von einem guten digitalen Unterricht gesprochen werden, wenn die Schülerinnen und Schüler dadurch ihre „Medienmündikeit“ erlangen. Gemeint ist damit, dass sie im Sinne der Medienpädagogik gelernt haben, Medien nicht nur technisch versiert, sondern auch verantwortungsvoll und kritisch reflektierend zu nutzen.

Welche Vorteile bietet digital gestützter Unterricht?

Die Nutzung digitaler Medien führt dazu, dass Kinder und Jugendliche selbständiger lernen, führen Gerold Brägger und Hans-Günter Rolff in ihrem Handbuch „Lernen mit digitalen Medien“ auf. Lernende, die in der Schule mit Smartphone, Tablet, Laptop und Co arbeiten dürfen, können zum Beispiel jederzeit digitale Wörterbücher nutzen, im Web nach Informationen suchen oder auf YouTube anschauliche Erklärvideos für eine Frage finden. Dadurch nehme ihre Selbständigkeit zu und ihre Abhängigkeit von der Lehrperson ab.

Zum anderen geben digitale Medien den Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, differenzierte Lernangebote für heterogene Lerngruppen anzubieten und personalisiertes Lernen zu ermöglichen. Je nach Leistungsstand können Lehrkräfte ihren Schüler*innen unterschiedliche Lernmaterialien zur Verfügung stellen und individuelle Lernziele vereinbaren. Mehr noch: Digitale Unterrichtsmaterialien und Apps bieten den Kindern und Jugendlichen die Chance, Lernziele selbständig zu setzen, Inhalte in Eigenregie zu produzieren und ihren Lernerfolg selbst zu kontrollieren.

Außerdem können digitale Medien auch Vorteile beim Thema Inklusion und Nachteilsausgleich bringen. So profitieren Schülerinnen und Schüler mit Sehschwächen beispielsweise von Text-to-Speech-Programmen, die Texte in Audio-Dateien umwandeln und ihnen die Teilnahme am Unterricht vereinfachen.

Kommunikations-Anwendungen wie Videokonferenz-Tools, E-Mail- und Messenger-Dienste oder Chats sowie Lernplattformen fördern darüber hinaus asynchrone Lernprozesse: Individuelles Vor- und Nachbearbeiten des Unterrichts ist ebenso möglich wie entdeckendes Lernen und Selbstkontrolle.

Digitale Medien eröffnen zudem unterschiedliche methodische Zugänge zum Lerngegenstand. Ein Beispiel: Statt ein Arbeitsblatt zu bekommen, auf dem der menschliche Körper mit all seinen Organen abgebildet ist, bieten Simulationsprogramme „Reisen“ durch den Körper. Das heißt, die Software funktioniert adaptiv: Sie ermittelt den Lernstand eines Lernenden, passt die Lernaufgaben entsprechend an und analysiert den Lernerfolg. Den Umfang und das Niveau des Lernprozesses bestimmen die Schülerinnen und Schüler selbst oder sie werden von der Lehrkraft vorgegeben.

Welche Risiken bergen digitale Medien im Unterricht?

Wenn Kinder und Jugendliche ein Tablet für den Unterricht bekommen, dann wollen sie es auch unbedingt nutzen. Doch ein beständiger Einsatz des Tablets sieht zwar gut aus, macht aber noch keinen guten Unterricht aus. „Wir müssen also lernen, das Oberflächen-Geklimper mit den neuen Medien zu durchschauen und beharrlich fragen: Was war der Mehrwert der Arbeit mit digitalen Medien? Wäre ohne digitale Medien der gleiche Erfolg denkbar gewesen?“, listet Hilbert Meyer auf.

Ein weiteres Problem, das er in einem Vortrag auf der didacta in Hannover 2018 nennt, ist die Annahme, dass die Digitalisierung quasi im Alleingang die Fähigkeit der Schüler stärkt, sich selbst Ziele zu setzen, den eigenen Lernweg zu planen und zu beschreiten und den Lernerfolg zu kontrollieren. Studien des Unterrichtsforschers John Hattie zeigen jedoch, dass diese Fähigkeit der Selbstregulation vor allem gestärkt werden, wenn die Lernenden regelmäßige Rückmeldungen zum Lernerfolg erhalten und dazu angeregt werden, über das eigene Lernen nachzudenken. Dagegen werden sie behindert, wenn die Lernenden sich alleingelassen und nicht sozial eingebunden fühlen. Bei einem sehr intensiven Einsatz digitaler Medien, kann das schnell passieren. „Deshalb sind regelmäßige Reflexionsrunden im Plenum oder in kleinen Gruppen unverzichtbar“, lautet Meyers Fazit.

Die nächste Gefahr: Vor lauter Binnendifferenzierung merken Lehrkräfte und Schüler*innen nicht, dass sie in die Individualisierungsfalle getappt sind. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler haben glücklich und konzentriert gearbeitet, dabei aber gar nichts Neues gelernt. Das stellt sich jedoch erst heraus, wenn im nachfolgenden Unterricht ein bestimmtes Wissen vorausgesetzt wird, das ein Teil der Lernenden aber noch gar nicht erworben hat. Meyer empfiehlt daher „auf Mischwald statt auf Monokultur“ zu setzen. Das heißt: digitale Medien, Frontalunterricht und andere Lernmethoden sollten sich abwechseln, um Leistungen zuverlässig beurteilen zu können.

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