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Wie digitale Medien den Geschichtsunterricht bereichern – Beispiele und Anregungen ab Klasse 7

Motivation bildet eine Grundvoraussetzung für einen effektiven Lehr-Lern-Prozess – auch im Geschichtsunterricht. Schon lange vor der schulischen Digitalisierung ermöglichten beispielsweise Karten, Audiodateien und Filmmaterial Lehrkräften, ihren Unterricht anschaulich zu gestalten und teils emotionale Zugänge zu geschichtlichen Themen oder Gegenständen zu schaffen. Digitale Tools wie Tablets und digitale Tafeln erweitern mittlerweile die Möglichkeiten und bieten die Chance, durch interaktive Lernumgebungen das Lernen zu intensivieren. Tipps für kostenfreie Apps und andere digitale Angebote, die den Geschichtsunterricht bereichern.

  • Komplexe Ereignisse einfach visualisiert: Welche Tools der digitalen Tafel Sie spontan nutzen können
  • Wie Sie Geschichte virtuell und interaktiv in den Klassenraum holen können
  • Historische Orte und Artefakte online und ohne Reiseaufwand entdecken
  • Warum Computerspiele pädagogische Chancen für den Geschichtsunterricht bieten

Historische Ereignisse einfach visualisiert: Welche Tools der digitalen Tafel Sie spontan nutzen können

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Was war nochmal mal wann und wie hängt das alles zusammen? Im Fach Geschichte verlieren Schüler*innen leicht den roten Faden der Geschehnisse in der Vergangenheit und brauchen visuelle Anker. Ganz einfache Mittel, die Lehrkräfte bereits von der Arbeit an der analogen Tafel kennen, sind Zeitachsen oder Zeitstrahlen. Mit einem digitalen Display wie dem ViewBoard lassen sich solche Darstellungsformen natürlich unbegrenzt ausweiten. Zum einen ist der Platz quasi unendlich. Jedes Tafelbild lässt sich per Knopfdruck speichern und für alle sichtbar ablegen. Vorlagen der ViewBoard Software oder integrierte Tools wie Lineal und Farbpaletten helfen dabei, auch spontan Zusammenhänge via Timeline oder Mind Map schnell zu veranschaulichen. Wichtig zu wissen: Auch Software wie PowerPoint ist bereits auf dem ViewBoard installiert und muss nicht extra hinzugekauft werden.

Ist das ViewBoard mit dem Internet verbunden, lassen sich per Klick Bilder, Illustrationen oder Youtube Videos an die Zeitleiste heften. Außerdem können auch die Schüler*innen selbst ihre Ideen und Arbeitsprodukte über ihre eigenen Endgeräte an die Tafel senden und das Tafelbild so mitgestalten. Mit der Software für digitale Tafeln myViewBoard geht das auch ortsunabhängig. Das ist zum Beispiel praktisch, wenn eine Gruppenaufgabe am Nachmittag als Hausaufgabe erledigt werden soll oder im Hybridunterricht, wenn einige Schüler*innen im Klassenraum lernen und andere dazugeschaltet werden. Darüber hinaus sorgen zahlreiche Apps mit Layoutvorlagen für eine leichte und ansprechende Organisation von Inhalten an der digitalen Tafel. Tipps hierzu gibt beispielsweise die Geschichts- und Lateinlehrerin Katharina Sambeth in ihrem Lehrkräfte-Blog.

Der große Vorteil, den die Visualisierung und Präsentation an der digitalen Tafel bringt: Die Schülerbeiträge sind besser lesbar als an einer analogen Tafel oder auf einem Schülerplakat und durch die visuellen Ergänzungsmöglichkeiten auch wesentlich attraktiver. Historische Bilder und Gemälde können durch Heranzoomen von Details in aller Einzelheit und für alle gut sichtbar analysiert werden. Noch dazu verschwinden die aufwendig erstellten Tafelbilder und Arbeitsergebnisse nicht, sondern können direkt auf dem ViewBoard oder an jedem anderen verbundenen Speicherort sofort abgelegt werden. Schüler*innen können sie individuell bei Bedarf zum Lernen für Tests und Prüfungen nutzen und Kolleg*innen können bereits bestehende Schaubilder, die beispielsweise in ihrem Fachschaftsordner gespeichert wurden, für Ihren Unterricht einsetzen.

Wie Sie Geschichte virtuell und interaktiv in den Klassenraum holen können

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Augmented Reality (AR) bezeichnet eine Technologie, die die reale Welt um virtuelle Aspekte ergänzt. Das können Texteinblendungen, Videos, Sounds oder sogar animierte 3D-Inhalte sein. Zu sehen sind diese Erweiterungen über das Live-Bild der Smartphone- oder Tablet-Kamera, wenn die entsprechenden Apps im Einsatz sind. Der Westdeutsche Rundfunk bietet gleich zwei solcher Anwendungen, die sich den Schrecken des 2. Weltkriegs widmen:

WDR AR 1933-1945

Zeitzeug*innen im Unterricht haben einen enormen Effekt. Mit ihren Erzählungen schaffen sie es, abstrakte Ereignisse der Vergangenheit greifbar zu machen. Doch nicht immer bietet sich die Möglichkeit, Zeitzeug*innen persönlich in den Unterricht einzuladen. Besonders mit Blick auf die NS-Diktatur gibt es altersbedingt immer weniger Überlebende, die vom Nationalsozialismus, dem 2. Weltkrieg und der Judenverfolgung berichten können. Seit 2019 können Lehrkräfte jedoch mit der App „WDR AR 1933-1945“ des Westdeutschen Rundfunks Zeitzeug*innen der NS-Zeit digital ins Klassenzimmer holen – dank Augmented Reality. In diesem Fall bettet die App die Zeitzeug*innen wie Hologramme in die Umgebung der Benutzer*innen ein. Auf dem Bildschirm des Tablets oder des Smartphones sitzen sie dadurch mit im Raum, wenn sie von ihren Erlebnissen und Beobachtungen berichten.

Die App ist in mehrere Kapitel unterteilt: Es berichten unter anderem heute erwachsene Kriegskinder aus London, Leningrad und Köln von ihren Erfahrungen, zwei Freundinnen von Anne Frank über die gemeinsamen Jahre und ehemalige Wehrmachtssoldaten, die mit 18 an die Front geschickt wurden. Für den Einsatz im Unterricht existiert jeweils umfassendes Unterrichtsmaterial, das in Zusammenarbeit mit „Planet Schule“, dem Bildungsangebot von SWR und WDR, erstellt worden ist. Die App eignet sich laut WDR für den Unterricht in den Jahrgangsstufen 7 bis 10.

Stolpersteine NRW

Auch das WDR-Projekt „Stolpersteine NRW“ ermöglicht einen interaktiven Zugang zum Thema Nationalsozialismus mithilfe von Augmented Reality. Die Basis bildet das Stolpersteine-Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig, der gemeinsam mit Unterstützern in Europa kleine Gedenktafeln aus Messing in den Straßen verlegt. Diese erinnern an die Menschen, die Opfer der NS-Diktatur geworden sind. Die Messingtafeln liegen meist vor ihrem letzten frei gewählten Wohnort, bevor sie das nationalsozialistische Terrorregime verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben hat. Mit der App können Lehrer*innen gemeinsam mit ihrer Klasse Stolpersteine in der Umgebung aufsuchen und mehr zu den Schicksalen der Personen erfahren. Biografische Texte, Illustrationen, Mini-Hörspiele und historische Fotos, die Teils per AR in die heutige Umgebung eingebunden werden, machen die Schicksale hinter den Stolpersteinen hör-, seh- und erlebbar.

Auf der Website des Projekts finden Lehrkräfte Anregungen für den Unterricht ab der 9. Klasse. Sie können Unterrichtsmaterialien aus fünf Modulen wählen:

  1. Stationenlernen: Stolperstein-Biografien erschließen
  2. Exkursionen: Die App vor Ort nutzen
  3. Medienreflexion: Digitales Storytelling analysieren
  4. Quellen: Rekonstruktion historischer Sachverhalte
  5. Gedenken: Erinnerungskultur diskutieren

Die Unterrichtseinheiten lassen sich unabhängig voneinander nutzen.

Historische Orte und Artefakte online und ohne Reiseaufwand entdecken

 

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Das Internet macht’s möglich: Fehlt die Zeit für einen Tagesausflug oder ist die Entfernung zum Museum oder zur Gedenkstätte zu weit, bietet sich Lehrer*innen mittlerweile in einigen Fällen die Möglichkeit, das ausgewählte Ziel zumindest virtuell zu besuchen. 360 Grad-Videos können dabei helfen, das Erlebnis zu intensivieren. Sie ermöglichen es Zuschauer*innen, vom Standpunkt der Kamera in alle Richtungen zu blicken, etwa mithilfe einer Virtual-Reality-Brille oder indem sie auf den entsprechenden Button im Video nach oben, unten, links oder rechts klicken. So können sich die Zuschauer*innen umsehen, ohne vor Ort zu sein. 360 Grad-Videos lassen sich auf jedem digitalen Endgerät abspielen; im Unterricht lohnt es sich aber besonders, sie im Klassenverband über ein interaktives Whiteboard zu schauen, um die Stimmung der Aufnahmen wirken zu lassen.

LeMO – Lebendiges Museum Online

Berichte von Zeitzeug*innen der deutschen Geschichte sowie historische Artefakte – von Gemälden über Fotos von Skulpturen bis hin zu Audio- und Filmaufzeichnungen – bietet das Online-Portal LeMO – Lebendiges Museum Online. Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt des Deutschen Historischen Museums in Berlin, der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn und des Bundesarchivs in Berlin, das sich der deutschen Vergangenheit ab dem 19. Jahrhundert widmet. Es ermöglicht Lehrkräften, historische Ereignisse mithilfe von Objekten aus dem Bestand der drei Kooperationspartner im Unterricht zu thematisieren: Sei es ein Foto der Terrakotta-Bronze-Skulptur von Otto von Bismarck als Schmied oder ein Foto einer Postkarte, die zur Zeit des geteilten Deutschlands von West- nach Ostdeutschland verschickt wurde. Anregungen für solche Unterrichtseinheiten bietet die Rubrik „LeMO Lernen. Dort finden Lehrkräfte nicht nur vollständig ausgearbeitete Unterrichtsstunden zu einzelnen Exponaten, sondern auch Online-Führungen zum Thema „Demokratie und Diktatur“.

Inside Auschwitz

In der 360-Grad-Dokumentation Inside Auschwitz – Das ehemalige Konzentrationslager in 360 Grad des WDR besuchen Jugendliche virtuell die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Der Rundumblick ermöglicht es den Schüler*innen, ein Gefühl für das ungeheure Ausmaß des Vernichtungslagers zu bekommen. Zusätzlich berichten drei Überlebende des Konzentrationslagers, was sie dort als Gefangene erlebt haben. Das Angebot lässt sich laut WDR im Unterricht ab Klasse 8 einsetzen. Passendes Unterrichtsmaterial bietet der öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehsender in Kooperation mit „Planet Schule“. Die Arbeitsblätter stehen in drei verschiedenen Niveaustufen und als barrierefreie PDF-Formulare mit Formularfeldern und Tags für Screenreader zur Verfügung. Alternativ können Lehrkräfte auch die Word-Dateien nutzen, um selbst zu entscheiden, welche Aufgaben sie verwenden möchten.

Hitlers Eliteschüler

Auf der Ordensburg Vogelsang in der Eifel, Nordrhein-Westfalen, bildeten die Nationalsozialisten ihren politischen Führungsnachwuchs aus. Günter Kirsch war einer der Jungen, die dort zur Schule gingen. Als Zeitzeuge erzählt er in der 360 Grad-Dokumentation Hitlers Eliteschüler – Die NS-Ordensburg Vogelsang in 360 Grad, was er als Schüler bei den Nazis erlebt hat. Durch die 360 Grad-Aufnahmen können Schüler*innen die Originalräume der Ordensburg Vogelsang besichtigen. Wie auch bei der Dokumentation „Inside Auschwitz“ finden Lehrkräfte zugehörige Unterrichtsmaterialien auf der Internetseite von „Planet Schule“, mit denen sie das Video ab der 8. Klasse in ihren Unterricht einbinden können.

Anne Franks Versteck

Das Hinterhaus des Gebäudes Prinsengracht 263 in Amsterdam diente Anne Frank und ihrer Familie von Juli 1942 bis zu ihrer Entdeckung im August 1944 als Versteck. Hier lebten sie gemeinsam mit der Familie van Pels und Fritz Pfeffer zu acht auf knapp 75 Quadratmetern. Das „Anne Frank Haus“ in den Niederlanden ist mittlerweile ein Museum und kann besichtigt werden – vor Ort oder virtuell. Der digitale Rundgang erinnert an ein Computerspiel nach dem Point-and-Click-Prinzip: Besucher*innen können sich durch das Hinterhaus bewegen, Raum für Raum, indem sie auf die Tür-Symbole klicken. In den Räumen erwarten sie verschiedene Informationspunkte, die zu kurzen Texten oder Videos führen und vom Leben der Franks im Hinterhaus erzählen.

Das Hinterhaus lässt sich gemeinsam im Unterricht an der digitalen Tafel erkunden. Inhaltlich vertiefen können Lehrkräfte den digitalen Rundgang mit der digitalen Unterrichtseinheit „Das Hinterhaus, die speziell für den Unterricht mit einem interaktiven Whiteboard entwickelt worden ist. Mit ihr lernen die Schüler*innen die Untergetauchten und Helfer*innen näher kennen. Die Unterrichtseinheit eignet sich dem Museum zufolge bereits für die Primarstufe. An Schüler*innen der 5. und 6. Klasse richtet sich die ebenfalls auf digitale Whiteboards abgestimmte Unterrichtseinheit „Anne Franks Geschichte. Diese zielt darauf ab, den Lernenden zu vermitteln, wie Geschehnisse aus dem Zweiten Weltkrieg mit der persönlichen Geschichte von Anne Frank verbunden sind. Die zugehörige Handreichung für Lehrkräfte erläutert unter anderem Schritt für Schritt die Lernziele.

Politisch inhaftiert

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, von 1951 bis 1990 Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), nutzt die 360 Grad-Videotechnik, um Interessierten einen virtuellen Rundgang zu ermöglichen. Dabei zeigt die ehemals politisch Inhaftierte Edda Schönherz das Stasi-Gefängnis und erzählt vom Haftalltag als politische Gefangene.

 

Warum Computerspiele pädagogische Chancen für den Geschichtsunterricht bieten

 

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Digitale Spiele haben einen festen Platz im Medienalltag von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Das zeigen die aktuellen Befragungen im Zuge der Studien „Kindheit, Internet, Medien“ (KIM) und „Jugend, Information, Medien“ (JIM) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest. Demnach spielen 60 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen regelmäßig am Computer, Tablet, Smartphone oder der Konsole. Bei den Zwölf- bis 19-Jährigen gilt das sogar für 72 Prozent. Computerspiele im Unterricht können somit nicht nur das Interesse der Schüler*innen an einem Thema fördern, wissenschaftlichen Arbeiten zufolge eignen sie sich auch, um Themen emotional zu verankern und den Wissenserwerb zu unterstützen.

 

In kleinen Schritten zum großen Krieg

Das öffentlich-rechtliche Bildungsangebot „Planet Schule“ stellt online ein 2-D-Spiel in Trickfilm-Optik zum 1. Weltkrieg zur Verfügung. Der interaktive Comic „In kleinen Schritten zum großen Krieg“ besteht aus vier Missionen, die sich mit historischen Ereignissen beschäftigen, wie dem Attentat von Sarajevo 1914. Die Schüler*innen können die Missionen unabhängig voneinander spielen. Dabei übernehmen sie verschiedene Rollen, müssen Aufgaben lösen und Entscheidungen treffen. Die Gewissenskonflikte der einzelnen Personen stehen dabei im Vordergrund. Sie sollen zur Reflexion anregen. Dieser Ansatz ermöglicht es Lehrkräften, den interaktiven Comic auch gemeinsam mit der Klasse am digitalen Whiteboard zu spielen, um in großer Runde über anstehende Entscheidungen zu diskutieren. Didaktisches Unterrichtsmaterial unterstützt Lehrer*innen, das Spiel im Unterricht nachzubereiten und die Inhalte zu vertiefen.